KONJUNKTUR
Die IHKs in Baden-Württemberg analysieren bereits seit 1952 die regionale Wirtschaftslage. Lesen Sie in unseren aktuellen Konjunkturberichten für das Land und die Regionen mit Klick auf den Button, wie es um das Wirtschaftsklima bestellt ist und lassen Sie sich die Daten grafisch in unserem interaktiven Konjunkturboard anzeigen. Wenn Sie nach unten scrollen, finden Sie Kurzfassungen zur jeweiligen Konjunkturlage.
Baden-Württembergische Industrie rutscht in die Rezession
konjunkturumfrage herbst 2024
BWIHK-Vizepräsident Paal: Brauchen Diskussion, was staatliche Aufgaben sind und was nicht
Die landesweite Konjunkturumfrage, an der sich im September 3.412 Unternehmen jeder Größe und Branche beteiligt haben, zeigt: Die Hoffnungen auf eine Erholung der Wirtschaft in Baden-Württemberg sind vorerst auf Eis gelegt. Die fehlende Nachfrage im In- und aus dem Ausland, hohe Arbeits- und Energiekosten sowie der politische Schlingerkurs lassen auch den bislang noch widerstandsfähigen Industriebetrieben die Luft ausgehen. „Die Ergebnisse unserer aktuellen Konjunkturumfrage sind kein Weckruf mehr, von denen haben wir zur Genüge. Sie müssen der Startschuss dafür sein, dass die Politik endlich ins Handeln kommt“, sagt Vizepräsident Claus Paal, der auch Präsident der für die Konjunkturumfrage verantwortlichen IHK Region Stuttgart ist. „Noch nie haben so viele unserer Unternehmen die politischen Rahmenbedingungen als Geschäftsrisiko genannt. Wir brauchen jetzt zügig eine Diskussion darüber, was staatliche Aufgaben sind und was nicht. Der Staat verzettelt sich in seinem eigenen Regelungsdickicht und lähmt die Unternehmen. Ziel muss es sein, Bürokratie wieder durch Eigenverantwortung und Vertrauen zu ersetzen.“
Laut Konjunkturumfrage bewerten nur noch gut ein Viertel (26 Prozent) der baden-württembergischen Unternehmen ihre Geschäftslage als gut, fünf Prozentpunkte weniger als noch im Frühsommer. Fast ebenso viele (24 Prozent) sagen, die Lage sei schlecht, im Frühsommer waren das 18 Prozent. Und auch der Blick in die Zukunft wird zunehmend düster. Während im Frühsommer 26 Prozent pessimistisch auf die Geschäftserwartungen der kommenden zwölf Monate blickten, sind das mittlerweile 31 Prozent. Nur noch 16 Prozent hoffen auf eine Verbesserung in den kommenden Monaten.
Besonders die Industrie – das Herzstück der baden-württembergischen Wirtschaft - hat in diesem Herbst einen weiteren Dämpfer erhalten. Die Industrierezession ist da. Nur noch knapp jedes fünfte Unternehmen bewertet seine Lage als gut – im Frühsommer war es noch gut jedes vierte. „Die letzten positiven Signale aus dem Frühjahr sind weg, wir sind auf dem Weg in eine strukturelle Krise“, warnt Paal. Das letzte Mal hatten die Unternehmen vor zwei Jahren steigende Auftragseingänge gemeldet, seither geht es in allen Branchen zurück.
Insgesamt melden rund 42 Prozent aller teilnehmenden Unternehmen jetzt einen Rückgang. Auch der erhoffte Nachfrageimpuls aus dem Ausland, der in der Vergangenheit die baden-württembergische Wirtschaft aus der ein oder anderen Krise gehievt hat, bleibt aus. 29 Prozent der Unternehmen rechnen mit einem Rückgang der Exporte in den kommenden zwölf Monaten.
Damit sind auch die Investitions- und Beschäftigungspläne der Betriebe eher trübe. Nur noch knapp jedes fünfte Unternehmen (19 Prozent) will in den kommenden zwölf Monaten mehr investieren – neun Prozentpunkte weniger als im Zehn-Jahresvergleich. 44 Prozent planen weniger oder gar keine Investitionen. Wenn investiert wird, dann geht es meist darum, kaputte Maschinen oder ähnliches zu ersetzen. Ersatzbedarf nennen daher mit 67 Prozent die meisten Betriebe als Investitionsgrund, gefolgt von der Digitalisierung mit knapp 52 Prozent.
Neue Reihenfolge bei den Toprisiken
Bei der Frage nach den größten Geschäftsrisiken bleibt die schwächelnde Inlandsnachfrage für die baden-württembergischen Wirtschaft damit auf Platz eins. Rund 70 Prozent der Betriebe sehen hier ein Problem für ihre Entwicklung. Auf Platz zwei haben die hohen Arbeitskosten (55 Prozent) den Fachkräftemangel abgelöst. Letzterer befindet sich angesichts der Wirtschaftsflaute mit 51 Prozent der Nennungen auf Platz drei. Die schwache Auftragslage und die gesunkenen Energiepreise haben das Problem der Energiekosten mit knapp 43 Prozent der Nennungen auf den vierten Platz verdrängt, mit Ausnahme des Hotel- und Gastgewerbes. Fast drei Viertel der Unternehmen des Gastgewerbes leiden immer noch unter dem hohen Kostendruck.
Risiko durch politische Rahmenbedingungen wächst
Für viele Unternehmen steigt das Geschäftsrisiko durch die politischen Rahmenbedingungen deutlich an. Rund 42 Prozent der Unternehmen - und damit fünf Prozentpunkte mehr als noch im Frühsommer - sehen in der derzeitigen Wirtschaftspolitik ein Geschäftsrisiko. Fehlende Impulse, überbordende Bürokratie, eine nicht konstante und uneinige Regierung sowie die Angst vor plötzlichem Subventionsabbau werden in den Freitextfeldern genannt. „Viele Unternehmen sind verunsichert und stellen ihre Investitionen am Standort auf unbestimmte Zeit zurück“, sagt Paal. „Wir erwarten von der Regierung, dass sie sich auf einen klaren wirtschaftspolitischen Kurs festlegt, damit unsere Betriebe wieder sicher und planbar wirtschaften und im europäischen Wettbewerb mithalten können. Derzeit haben alle europäischen Staaten ähnliche Herausforderungen, aber wir in Deutschland schaffen es, dass sie unsere Betriebe am meisten schwächen.“
Ein kurzer Blick in die Branchen
Der Tiefpunkt in der Bauwirtschaft scheint noch nicht überwunden, aber zumindest erreicht zu sein. Trotz der schlechten Auftragslage bleibt der Arbeitskräftemangel hinter der niedrigen Inlandsnachfrage eines der Toprisiken der Branche. Das sagen 65 Prozent der Befragten und damit nur zwei Prozentpunkte weniger als im Frühsommer. Ihre Lage als gut bezeichnen gut 26 Prozent, aber nur noch drei Prozent hoffen auf bessere Geschäfte in der Zukunft.
Obwohl sich die Preissteigerungen der letzten Monate wieder gedämpft haben und sich die Inflationsrate unter anderem im September bei 1,6 Prozent stabilisiert hat, bleibt der Konsum der privaten Haushalte schwach. Dies führt bei den Händlern derzeit zu massiven Umsatz- und Ertragsverlusten. Zwölf Prozent der Einzelhändler gehen davon aus, dass das auch in den kommenden Monaten so bleibt. Den Großhandel trifft die Auftragsflaute sowohl seitens des privaten Konsums als auch der unternehmensnahe Großhandel spürt die schwächelnde Konjunktur der Industrie. Auf künftig bessere Geschäfte hofft hier nur jedes zehnte Unternehmen.
Seit der Corona-Pandemie schafft es das Hotel- und Gaststättengewerbe nicht, zur Normalität zurückzukehren. Immer wieder werden die Unternehmen vor neue Herausforderungen gestellt. Die Anhebung der Mehrwertsteuer, die Erhöhung des Mindestlohns und hohe Energiekosten führen dazu, dass die Unternehmen von den Kosten erdrückt werden. Derzeit schätzen nur noch 43 Prozent der Unternehmen ihre aktuelle Finanzlage als unproblematisch ein. Das sind acht Prozentpunkte weniger als im Herbst 2023.
Die wirtschaftliche Lage im Transport- und Verkehrsgewerbe hat sich weiter verschlechtert. Während im Frühsommer noch etwa 25 Prozent der Unternehmen ihre Geschäftslage als gut einschätzten, sind es im Herbst nur noch 23 Prozent. Der Auftragseingang bleibt wegen der schwachen Konjunktur der Industrie weiterhin schlecht. Die Inlandsnachfrage wird zunehmend zu einem Risiko, und auch der Arbeitskräftemangel stellt für viele Unternehmen weiterhin eine Herausforderung dar.
Auch bei den Unternehmen des Dienstleistungsgewerbes macht sich die Rezession in der Industrie nach und nach bemerkbar. Besonders unternehmensnahe Dienstleister, wie beispielsweise aus der Informations- und Kommunikationstechnologie, spüren die schwache Nachfrage seitens der Industrie. Das Risiko der Inlandsnachfrage steigt von 56 Prozent auf 60 Prozent der Nennungen an.
Serviceinformation zur Konkunktur in Baden-Württemberg
Die Konjunkturergebnisse unserer Umfrage finden Sie auch im PDF-Format - klicken Sie einfach rechts auf "Mehr Informationen". Weitere Informationen zu Konjunktur und Beschäftigung, u. a. regionale Highcharts und zum Arbeitsmarkt sowie das interaktive Konjunkturboard als kostenloser digitaler Zugang zu den aktuellen Konjunkturergebnissen für Baden-Württemberg und den Regionen, finden Sie mit Klick auf die Buttons zu Beginn der Seite oben.
Südwestwirtschaft kommt nicht in Schwung – Erwartungen düster
konjunkturumfrage Frühsommer 2024
BWIHK-Präsident Erbe: Kein Aufschwung ohne Investitionen – jeder siebte Betrieb hat bereits Inlands- zu Gunsten von Auslandsinvestitionen gestrichen
Die landesweite IHK-Konjunkturumfrage, an der sich im April 3.327 Unternehmen jeder Größe und Branche beteiligt haben, zeigt: Die Lagebewertungen der Südwestwirtschaft haben sich im Frühsommer weiter verschlechtert. Die Geschäftserwartungen bleiben düster. „Der Trend zur Stagnation scheint in Baden-Württemberg ungebrochen. Viele Weltmärkte zeigen derzeit Zeichen des Aufschwungs, aber die Bremsen unserer Konjunktur sitzen fest. Den Unternehmen fehlen weiter Impulse für einen Aufschwung“, fasst BWIHK-Präsident Christian O. Erbe die Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage zusammen.
Insgesamt hat die Südwestwirtschaft nach wie vor mit handfesten strukturellen Herausforderungen zu kämpfen, berichtet Erbe und nennt insbesondere den Fachkräftemangel sowie die hohen Kosten am Standort für Energie, Personal und Finanzierung. „Hinzu kommen die Belastung durch bürokratische Vorgaben, Unsicherheiten durch eine unberechenbare Wirtschaftspolitik und eine hohe Steuerlast. Unter all dem leiden Investitionsbereitschaft und die internationale Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen."
Lage und Erwartungen bleiben trüb
Bei Bewertung der aktuellen Geschäftslage setzt sich der Abwärtstrend der letzten Jahre fort: Nur noch 31 Prozent der Betriebe bezeichnen ihre Lage als „gut“ (3 Prozentpunkte weniger als im Januar dieses Jahres und 10 Prozentpunkte weniger als im Frühsommer 2023), 18 Prozent als „schlecht“ (eine Zunahme von 2 Prozentpunkte zur Vorumfrage und 10 Prozentpunkte zur Vorjahresumfrage). Der Saldo der Geschäftslage – die Differenz zwischen positiven und negativen Lagebewertungen – verschlechtert sich im Vergleich zur Jahresbeginnumfrage von 18 auf 13 Punkte.
Die Geschäftserwartungen der Südwestwirtschaft verbessern sich leicht, bleiben aber insgesamt negativ und liegen weit unter dem langjährigen Mittelwert. Mit 26 Prozent geht mehr als jeder vierte Betrieb von einer Verschlechterung in den kommenden zwölf Monaten aus (Jahresbeginn: 29 Prozent), nur 19 Prozent rechnen mit Besserung (Jahresbeginn: 18 Prozent). Der Saldo der Geschäftserwartungen steigt damit im Vergleich zum Jahresbeginn um 4 Punkte und liegt bei –7 Punkten.
Geschäftsrisiken bleiben zahlreich und im Ranking unverändert – Sorgen um Inlands- und Auslandsnachfrage steigen
„Zusammengefasst sind die Aussichten der hiesigen Wirtschaft bedrückend. Die Ergebnisse der Konjunkturumfrage müssen jetzt ein deutlicher Weckruf für die deutsche wie auch europäische Politik sein“, stellt Christian Erbe klar. „Die strukturellen Probleme belasten unsere Unternehmen weiterhin und dämpfen zusammen mit steigender Bürokratie und der Verunsicherung über die unstete Wirtschaftspolitik die Nachfrage nach Investitions- wie Konsumgütern bedenklich.“ Das spiegelt sich auch in den Antworten der Unternehmen auf die Frage nach ihren größten Geschäftsrisiken wider. Die geschäftlichen Probleme und Risken bleiben im Frühsommer 2024 weitgehend unverändert zur Vorumfrage. Sie halten sich auf entsprechend hohem Niveau. Das meistgenannte Risiko für Südwestunternehmen bleibt – mit einem Anstieg um 2 auf nun 66 Prozent der Nennungen – die schwache Inlandsnachfrage. Obwohl die Realeinkommen mit den kräftigen Lohnerhöhungen und der niedrigeren Inflation gestiegen sind, halten sich Verbraucher mit Blick auf die unsichere Konjunkturentwicklung weiter zurück. Unter anderem deshalb bleibt auf Unternehmensseite die Nachfrage niedrig. Aufgrund der schwächelnden Weltwirtschaft, neuer bürokratischer Hürden im Außenhandel und der insgesamt nachlassenden internationalen Wettbewerbsfähigkeit vieler Unternehmen hat auch die Sorge um die Auslandsnachfrage leicht zugelegt und betrifft nunmehr 26 Prozent der Gesamtwirtschaft.
Rund die Hälfte der Befragten nennen Fachkräftemangel (57 Prozent nach 59 Prozent zu Jahresbeginn 2024), Arbeitskosten (53 Prozent nach 54 Prozent) und Energiepreise (46 Prozent nach 51 Prozent) als Geschäftsrisiken. Weiterhin bereiten die politischen Rahmenbedingungen mit überbordendender Bürokratie, fehlender Verlässlichkeit und ausbleibenden Wachstumsimpulsen mehr als jedem dritten Unternehmen große Sorgen (37 Prozent nach 38 Prozent im Januar) – vor einem Jahr traf dies noch nur auf knapp jedes fünfte Unternehmen zu (21,4 Prozent).
Investitionen rückläufig
„Die schwächelnde Konjunktur gepaart mit den frustrierenden Rahmenbedingungen hemmen auch Investitionspläne im Inland“, bedauert BWIHK-Präsident Erbe. 31 Prozent der investierenden Südwestunternehmen haben vor, ihre Investments in Deutschland zu verringern, und nur noch 25 Prozent planen eine Erhöhung. Damit setzt sich nach einer kurzen Erholung im Sommer 2023 der Negativtrend bei den Investitionsabsichten fort. Noch zurückhaltender sind die Investitionspläne der Industrie, welche sich derzeit durch die erschwerten Bedingungen auf einem bedenklichen Tiefpunkt ihrer Wirtschaftslage befindet. Hier geben 33 Prozent der investierenden Betriebe an, ihre Inlandsinvestitionen zu kürzen und nur 26 Prozent planen mehr Investitionen.
Erbe: Verlagerung ins Ausland stoppen – Kein Aufschwung ohne Investitionen
Besonders alarmierend: Die Industrie investiert überwiegend in Ersatzbedarf (67 Prozent), Rationalisierung (50 Prozent) und Digitalisierung (47 Prozent). Die Investitionen für Expansionen im Inland (23 Prozent) und die Investitionen in die für künftige internationale Wettbewerbsfähigkeit dringend benötigten Innovationen (35 Prozent) sind deutlich abgeschlagen. „Dazu kommt, dass angesichts von Konjunkturschwäche und hausgemachter Verunsicherung nicht nur Investitionen zurückgestellt werden – ein Teil der Budgets fließt stattdessen in Standorte im Ausland“, so Erbe. „Vierzehn Prozent der befragten Industrieunternehmen – das ist jedes siebte – haben in den vergangenen drei Jahren Investitionen im Inland gestrichen und dieses Geld im Ausland eingesetzt. Gerade die energieintensive Produktion dürfte mit dem Preisschock der vergangenen Jahre teilweise unwiederbringlich abgewandert sein. Aber es gehen auch andere“, ergänzt der BWIHK-Präsident und warnt, dass ohne Investitionen ein robuster Aufschwung und die Rückkehr zu den Wachstumsraten vor der Pandemie nicht zu schaffen seien. „Hier muss Deutschland endlich handeln und seine hausgemachten Konjunkturbremsen lösen. Denn ohne Impulse für Wachstum und eine unterstützende, verlässliche Wirtschaftspolitik gibt es keine Wettbewerbsfähigkeit, keine Investitionen, kein Wachstum und letztlich keine Zukunft – weder für unsere Wirtschaft noch für unser Land. Um die großen Zukunftsthemen wie Struktur- und Klimawandel, Demografie und Digitalisierung wirklich zu meistern, brauchen wir endlich wieder mehr Wachstum und private Investitionen in Deutschland.“
Serviceinformation zur Konkunktur in Baden-Württemberg
Die Konjunkturergebnisse unserer Umfrage finden Sie auch im PDF-Format - klicken Sie einfach rechts auf "Mehr Informationen". Weitere Informationen zu Konjunktur und Beschäftigung, u. a. regionale Highcharts und zum Arbeitsmarkt sowie das interaktive Konjunkturboard als kostenloser digitaler Zugang zu den aktuellen Konjunkturergebnissen für Baden-Württemberg und den Regionen, finden Sie mit Klick auf die Buttons zu Beginn der Seite oben.
Konjunktur im Südwesten kommt nicht in Schwung: Geschäftsrisiko Wirtschaftspolitik steigt weiter – Betriebe brauchen dringend Verlässlichkeit und Planbarkeit
konjunkturumfrage Jahresbeginn, Februar 2024
BWIHK-Vizepräsident Paal fordert Bürokratieabbau und Wachstumsimpulse
Der Konjunktur Baden-Württembergs fehlt in der BWIHK-Umfrage zu Jahresbeginn noch immer jede Dynamik. Hohe Zinsen, Strompreise, Inflation, schwächelnde Nachfrage im In- und Ausland, Fachkräftemangel, eine unplanbare Wirtschaftspolitik und eine zunehmende Bürokratieflut belasten die Wirtschaft. Die Unternehmen erwarten unterm Strich weiterhin eine Verschlechterung ihrer Geschäfte. Dies hat sich im Vergleich zur Herbstumfrage nicht wesentlich verbessert. Nur jeder fünfte Betrieb (18 Prozent) hofft auf bessere Geschäfte im kommenden Jahr – fast jeder dritte erwartet eine Verschlechterung (29 Prozent). An der Konjunkturumfrage haben sich im Januar landesweit 3.573 Unternehmen aller Größen und Branchen beteiligt.
„Der Blick auf die nächsten Monate bleibt deutlich eingetrübt und der Frust in den Betrieben wächst“, sagt BWIHK-Vizepräsident Claus Paal, der auch Präsident der für die Volkswirtschaft im BWIHK federführenden IHK Region Stuttgart ist. „Das hat nicht nur etwas mit der wirtschaftlichen Lage zu tun, denn die ist immer noch im positiven Bereich, wenn sie auch schwächelt. Sondern die Politik schafft Probleme: Unsere Unternehmen brauchen Planbarkeit und Verlässlichkeit. Maßnahmen ankündigen, darüber öffentlich streiten, sie verändern oder zurückzunehmen – und dass alles kurzfristig – führt zu Verunsicherung und zwangsläufig zur Vollbremsung bei Investitionsentscheidungen. Die jetzt notwendigen Maßnahmen liegen glasklar vor uns: eine sichere und bezahlbare Energieversorgung, endlich konkrete schnelle Schritte zum Bürokratieabbau, Maßnahmen zur Fachkräftesicherung und die Modernisierung unserer Infrastruktur, um nur einige Beispiele zu nennen.“
Ein Aufschwung ist nicht in Sicht – im Gegenteil: Die Auftragseingänge aus dem In- und Ausland, die Investitionspläne wie auch die Beschäftigungsabsichten bleiben wie in der Vorumfrage unterm Strich im negativen Bereich.
Wirtschaftspolitik für vier von zehn Befragten ein Risiko
„Fast 40 Prozent der Unternehmen und damit deutlich mehr als in der Vorumfrage haben die Wirtschaftspolitik als Geschäftsrisiko genannt. Das geht durch alle Branchen und zeigt deutlich, dass die Unsicherheit und die Belastung der Betriebe seit dem Vorjahres-Herbst sogar noch zugenommen haben“, so Claus Paal. „Alle reden vom ‚One in, one out‘-Prinzip. Für jede neue Regulierung muss eine Regulierung gestrichen werden. Die EU entwickelt sich genau in die andere Richtung und ist jetzt bei ‚Four in, one out‘ angekommen. Alle Hilferufe und Warnungen werden ignoriert. Geht die EU-Lieferkettenrichtlinie in der ausgehandelten Version durch, wird das für alle Unternehmen schlimme Folgen haben, genauso wie die Datenschutzgrundverordnung bis heute für Verunsicherung und Unklarheit sorgt. Ärgerlich ist auch, dass jeder kleine positive Reformimpuls der Politik sofort gestoppt wird – wie beim dringend benötigten Wachstumschancengesetz. So wird Deutschland nicht fit und gefährdet seine internationale Wettbewerbsfähigkeit!“
Der Blick auf die Auftragslage und die Erwartungen der Branchen zeigt nur noch Nivellierungen im negativen Bereich. Insbesondere in der Baubranche, im Groß- und Einzelhandel sowie bei den Unternehmen aus Transport- und Verkehr überwiegen die pessimistischen Einschätzungen weit. Einzig bei den Dienstleistern halten sich negative und positive Einschätzungen knapp die Waage dank leicht positiven Auftragseingängen. Eine Branche, die Zugpferd aus dem Stillstand sein könnte, ist nicht in Sicht.
Größte Geschäftsrisiken unverändert – nur Wirtschaftspolitik und geopolitische Spannungen legen weiter zu
Die Top-Risiken der Vorumfrage bleiben – ebenso ihre Reihenfolge. Durch die in allen Bereichen weiterhin hohen Preise verbleibt die schwächelnde Inlandsnachfrage mit marginalem Rückgang der Nennungen auf Platz eins (64 Prozent), gefolgt vom Fachkräftemangel (aufgrund der Konjunkturschwäche leicht, um 4, auf 59 Prozent gesunken).
Die inflationsbedingten Kaufkraftverluste und der Fachkräftemangel haben Löhne und Gehälter in die Höhe getrieben: Die Arbeitskosten bleiben auch zu Jahresbeginn das drittgrößte Geschäftsrisiko, fast unverändert mit Nennungen von 54 Prozent.
Auf Rang vier folgen die hohen Energiepreise. Sie geben landesweit weiterhin mehr als jedem zweiten Unternehmen Anlass zur Sorge (54 Prozent). In der Branche Transport und Verkehr sind die Energiepreise für 73 Prozent der Befragten weiterhin das größte Geschäftsrisiko. In der stark international vernetzten Industrie landen die im Vergleich mit vielen Ländern hohen deutschen Energiekosten auf Platz zwei und stellen für 58 Prozent der Betriebe eine Wettbewerbsbeeinträchtigung dar.
Während alle übrigen Risiken im Vergleich zum Herbst etwas weniger genannt werden, legen die Sorge um die Wirtschaftspolitik und um die geopolitischen Spannungen beide jeweils um sieben Prozentpunkte und einen Rangplatz zu und liegen in der aktuellen Umfrage nun mit 38 Prozent auf Platz fünf beziehungsweise mit 30 Prozent auf Platz sieben.
Export-Umsätze sind kein Selbstläufer im globalen Wettbewerb
„Die Umfrageergebnisse zeigen weiterhin, dass in Deutschland große konjunkturelle Herausforderungen auf langfristige strukturelle Schwächen treffen“, erklärt Claus Paal. „Das zermürbt unsere Unternehmer und führt derzeit zu weniger Investitionen, weniger Innovationen und auch weniger Wettbewerbsfähigkeit auf den Exportmärkten. Wir müssen beim Fachkräftemangel ansetzen, ebenso wie beim Bürokratieabbau – auch gegenüber dem Regelungsdickicht der EU-Lieferketten-Regulierungen“, macht Paal deutlich. „Denn hohe Exportumsätze sind keine Selbstläufer: Die Weltwirtschaft hat durchaus Alternativen zu deutschen Produkten. Die Unternehmen brauchen vielmehr Freihandelsabkommen, Anreize und Unterstützung von der EU für ihren Außenhandel. Ganz besonders wenn handelspolitische Ziele verfolgt werden sollen. Nicht eine Flut von Regulierungsvorschriften, die die Unternehmen blockieren und schwächen.“
Exporterwartungen verhalten positiv
Die Exportumsätze Baden-Württembergs sind 2023 geringer ausgefallen als im Vorjahr. Auch die Aufträge aus dem Ausland sind unterm Strich rückläufig. Dennoch blickt die Südwestwirtschaft nach dem Einbruch vom Herbst nun wieder vorsichtig optimistisch auf die kommenden Ausfuhren. Diese Stimmungsaufhellung wird vor allem von den positiven Erwartungen der Dienstleistungsunternehmen getragen. Denn in der Industrie haben sich die Erwartungen zwar mit den Auftragseingängen und dem sich stabilisierenden Welthandel ebenfalls verbessert. Doch halten sich dort positive und negative Einschätzungen die Waage. Positive Impulse erwarten die Betriebe in der kommenden Zeit vor allem aus den USA, wo die riesigen Förderprogramme die Nachfrage auch nach deutschen Investitionsgütern treiben, aus Asien sowie aus Lateinamerika.
Die Konjunkturergebnisse unserer Umfrage finden Sie auch im PDF-Format - klicken Sie einfach rechts auf "Mehr Informationen". Weitere Informationen zu Konjunktur und Beschäftigung, u. a. Highcharts zu Regionen und dem Arbeitsmarkt sowie das interaktive Konjunkturboard, finden Sie mit Klick auf die Buttons zu Beginn der Seite oben.
Konjunkturberichte / Regional
Die regionalen Konjunkturberichte werden von der jeweiligen IHK zu Verfügung gestellt.
Die IHK Ihrer Region finden Sie hier.