KONJUNKTUR
Die IHKs in Baden-Württemberg analysieren bereits seit 1952 die regionale Wirtschaftslage. Lesen Sie in unseren aktuellen Konjunkturberichten für das Land und die Regionen mit Klick auf den Button, wie es um das Wirtschaftsklima bestellt ist und lassen Sie sich die Daten grafisch in unserem interaktiven Konjunkturboard anzeigen. Wenn Sie nach unten scrollen, finden Sie Kurzfassungen zur jeweiligen Konjunkturlage.
Geschäftserwartungen der Unternehmen sind deutlich getrübt – Rezession im Südwesten in Sichtweite
konjunkturumfrage Herbst, November 2022
Die Wirtschaft erlebt stürmische Zeiten. Die hohe Inflation, die Unsicherheiten auf dem Energiemarkt mit rasant steigenden Preisen bei Strom und Gas sowie der grassierende Fachkräftemangel hinterlassen deutliche Spuren bei den Unternehmen. „Der konjunkturelle Abschwung ist in der baden-württembergischen Wirtschaft angekommen, die Rezession ist in Sichtweite“, fasst BWIHK-Vizepräsidentin Marjoke Breuning die Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage im Südwesten zusammen.
An der Umfrage haben zwischen Ende September 2022 und Mitte Oktober 2022 landesweit rund 3.360 Unternehmen aller Größen und Branchen teilgenommen. Demnach blickt nur noch jedes achte Unternehmen optimistisch in die Zukunft, das ist deutlich weniger als im Frühsommer, als noch jedes fünfte Unternehmen auf bessere Geschäfte hoffte. „Es sind aber vor allem deutlich weniger Optimisten als noch zu Beginn der Corona-Pandemie, was uns große Sorgen macht“, so Breuning.
Fast jedes zweite Unternehmen geht von einer schlechteren Geschäftsentwicklung aus, im Frühsommer befürchtete dies nur jeder vierte Betrieb. Und während im Sommer noch 50 Prozent der Befragten von gleichbleibenden Geschäftserwartungen ausgingen, sind das jetzt nur noch knapp 44 Prozent. Auch die aktuelle Lage trübt sich langsam ein. Knapp 51 Prozent der Betriebe bewertet sie nur als befriedigend – fast acht Prozent mehr als im Frühsommer. 36 Prozent der Befragten sagen die Lage sei gut (Frühsommer 45 Prozent), als schlecht bewerten sie 13 Prozent (Frühsommer 12 Prozent).
Die Gründe für den pessimistischen Blick in die Zukunft sind vielfältig. Ganz oben auf der Liste der größten Geschäftsrisiken stehen die hohen Preise für Gas und Strom, hier hat sich die Lage im Vergleich zum Sommer weiter verschärft. 79 Prozent der Unternehmen sehen die hohen Energiepreise als ein Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung, im Frühsommer waren es noch 70 Prozent. „Nur jedes zweite Unternehmen kann die steigenden Energiepreise in Teilen an seine Kunden weitergeben. Ein Großteil schultert die Kosten selbst, was die Erträge deutlich schmälert“, so Breuning. „Den Betrieben geht es jetzt deutlich ans Eingemachte, der Winter wird eine harte Zerreißprobe. Es ist deshalb wichtig, dass die Politik auch die Wirtschaft zum 1. Januar 2023 entlastet und nicht erst zum 1. März. Wenn wir die Unternehmen jetzt alleine lassen, wird das für viele das wirtschaftliche Aus bedeuten“, so Breuning weiter.
Neben den hohen Energiepreisen plagt die baden-württembergische Wirtschaft der Fachkräftemangel, auch hier hat sich die Lage nochmals verschärft. „Der Fachkräftemangel ist mitten in der Gesellschaft angekommen, der Arbeitskräftemangel war noch nie so offensichtlich und so spürbar wie jetzt. Wenn Läden ihre Öffnungszeiten wegen fehlender Arbeitskräfte einschränken müssen oder Bistros zubleiben, dann ist es bereits fünf nach zwölf “, betont die BWIHK-Vizepräsidentin. „Die Politik muss jetzt ihre Ankündigungen wahr machen und die Berufliche Bildung noch attraktiver gestalten. Es muss in den Köpfen aller ankommen, dass duale Ausbildung und Studium in einer Liga spielen.“ 61 Prozent der Unternehmen sehen denn auch in den fehlenden Fachkräften ein Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung, im Frühsommer waren es noch 58 Prozent. Die Mehrheit der Unternehmen (65 Prozent) gab an, dass sie derzeit offene Stellen nicht besetzen können. Am meisten fehlen Fachkräfte mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung (78 Prozent), gefolgt von Akademikern (40 Prozent) und Fachkräfte mit einer Weiterbildung (36 Prozent). Als weitere Risikofaktoren folgen die hohen Rohstoffpreise, die sinkende Inlandsnachfrage angesichts nachlassender Investitionen und steigender Lebenshaltungskosten, die steigenden Arbeitskosten sowie die aktuelle Politik.
Große Unterschiede zwischen den Branchen
Die Industrie schlägt zum Herbst noch einmal deutlich Alarm. Nach den Lieferkettenproblemen im Frühsommer trüben die Sorge um eine ausreichende Gasversorgung sowie die hohe Inflation und massive Preissteigerungen bei Vorleistungsgütern die Lage jetzt deutlich ein. Nur noch knapp jedes dritte Unternehmen befindet sich in einer guten wirtschaftlichen Situation – im Frühsommer war es noch jedes zweite. Auch in die Zukunft blicken die Industrieunternehmen eher gedämpft. „Noch sind die Auftragsbücher mit Aufträgen der vergangenen Monate gut gefüllt, bei neuen Aufträgen aus dem In- und Ausland beklagen viele Betriebe dagegen einen deutlichen Rückgang“, so Breuning. Für die kommenden zwölf Monate erwarten 45 Prozent der Industrieunternehmen deshalb eine verschlechterte wirtschaftliche Situation. Befragt nach den Folgen einer möglichen Gasdrosselung um 25 Prozent, geben sogar rund 25 Prozent der Unternehmen an, ihre Produktion dann einstellen zu müssen. Darin nicht enthalten: Die Komplexität der Wertschöpfungsketten und wie auf Produktionsausfälle bei Vorleistungsgütern reagiert wird.
Ein endgültiges Ende scheint die Sonderkonjunktur in der Baubranche gefunden zu haben, günstige Baufinanzierungen im Wohnungsbau hatten ein ordentliches Auftragspolster beschert. Doch der Anstieg des Leitzinses und der Wegfall der Wohnbauförderung ließen die Aufträge deutlich zurückgehen. Hinzu kommen Baukosten in Rekordhöhe und die unsichere Lage bei den Rohstoffpreisen. Die Geschäftslage ist noch im positiven Bereich, allerdings erwartet jedes zweite Unternehmen aus dem Bereich Bau in den kommenden zwölf Monaten ein deutliches Minus.
Der Einzelhandel hat sich noch nicht von den Folgen der Corona-Krise erholt, da rutscht er in die nächste Krise. „Viele Unternehmen mussten zeitweise schließen, nur durch staatliche Hilfen und die Nutzung von Eigenkapitalreserven konnten Betriebsaufgaben und Insolvenzen teilweise verhindert werden. Diese Betriebe treffen die steigenden Energiekosten, die hohe Inflation und die Kaufkraftzurückhaltung jetzt mit voller Wucht“, erklärt Breuning. Dementsprechend melden 44 Prozent der Unternehmen, dass der Umsatz im Vergleich zum Herbst 2021 zurückgegangen ist. Die hohen Energie- und Rohstoffpreise sind für 88 Prozent der Einzelhändler ein Geschäftsrisiko. Nur 35 Prozent können die gestiegenen Preise an ihre Kunden weitergeben, was im Vergleich zur Gesamtwirtschaft (52 Prozent) deutlich unter dem Durchschnitt liegt. Auch die bislang zuversichtlichen unternehmensnahen Großhändler spüren die verschlechterte Lage in der Industrie. Die derzeitige Preisinstabilität und die geringe Kaufkraft der Kunden drücken die Erwartungen ins Minus. 46 Prozent der Großhändler erwarten eine Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Situation in den kommenden zwölf Monaten.
Das leise Aufatmen der Gastronomie im Sommer war nur von kurzer Dauer. „Nach den vergangenen Jahren der Pandemie mit massiven Einschränkungen konnten die Hotelinhaber und Gastwirte während der Sommerzeit die Pandemieverluste wieder etwas ausgleichen. Jetzt ist die Sorge groß, dass wegen den aktuellen Preissteigerungen die Gäste im Weihnachtsgeschäft ausbleiben. Noch sind viele Auftragsbücher leer“, erklärt Breuning. Die Gastwirte blicken dementsprechend pessimistisch auf die kommenden zwölf Monate. Auch bleiben Hotellerie und Gastgewerbe von den massiven Preissteigungen bei Strom und Gas nicht unberührt. 95 Prozent der Unternehmen sehen die gestiegenen Energiekosten als ein Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung ihres Unternehmens. Dreiviertel der Unternehmen im Gastgewerbe versuchen die gestiegenen Energiepreise an ihre Kunden weiterzugeben. Ungefähr jedes zweite Unternehmen versucht die Preissteigungen durch Investitionen in Energieeffizienz abzufedern.
Unternehmen des Transport- und Verkehrsgewerbes konnten ihre wirtschaftliche Situation etwas verbessern – allerdings hatten die plötzlich stark gestiegenen Benzinpreise der Branche im Frühsommer auch einen kurzen Einbruch beschert. Neben den hohen Energiekosten ist der Fach- und Arbeitskräftemangel einer der größten Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung. Dreiviertel der Unternehmen können derzeit offene Stellen nicht besetzen. Ebensoviele gaben an, die gestiegen Energiepreise an ihre Kunden weiterzugeben. Dennoch sehen neun von zehn Unternehmen die hohen Energiekosten als ein Risiko für ihre wirtschaftliche Entwicklung.
Auch die Dienstleister spüren den Anflug der wirtschaftlichen Rezession – die Geschäftserwartungen brechen insbesondere bei den unternehmensnahen Dienstleistern ein. Die Finanzdienstleister werden vor neue Herausforderungen gestellt. Die Anhebung des Leitzinses durch die Europäische Zentralbank auf 1,25 Prozent – so hoch wie zuletzt im November 2011 – hat für viele Unternehmen die Kredite deutlich teurer gemacht. Die Finanzdienstleister haben sich abgesichert und die Risikovorsorge erhöht. Die Folge: Besonders die Vergabe von Wohnungsbaukrediten ist im Kreditgewerbe stark zurückgegangen. Demnach sinkt auch die Geschäftserwartung und liegt auf dem gleichen schlechten Niveau wie zu Beginn der Corona-Pandemie im Sommer 2020.
Inlandsinvestitionen
Die Inlandsinvestitionen werden deutlich weniger. Nur noch 22 Prozent der Unternehmen beabsichtigen in den kommenden zwölf Monaten mehr zu investieren – das sind sechs Prozentpunkte weniger als im Frühsommer. Die Corona-Pandemie hat viele Unternehmen dazu gebracht, mehr in die Digitalisierung zu investieren. Auch jetzt gibt noch jedes zweite Unternehmen an, dass Digitalisierung ein Hauptmotiv für die Inlandsinvestitionen ist. Allerdings stößt die jetzige Energiekrise ein Umdenken bezüglich Energieeffizienz an. Im Herbst 2022 melden 42 Prozent der Unternehmen, dass ihr Hauptmotiv für Investitionen Umweltschutz und Energieeffizienz sind – der 10-jährige Mittelwert liegt bei 22 Prozent.
Exporterwartungen
Der Krieg in der Ukraine und die unsichere Lage bei der Gasversorgung haben den Exporterwartungen drastische Einbrüche beschert. „Die hohen Energiekosten schlagen auf die bereits sehr teuren Transportkosten durch“, so Breuning. Nur noch 17 Prozent der befragten Industrieunternehmen erwarten zunehmende Exporte innerhalb des Euroraums im kommenden Jahr, 39 Prozent gehen von abnehmenden Exporten aus – und damit fast doppelt so viele wie noch im Frühsommer. Aufgrund der hohen weltwirtschaftlichen Nachfrage nach Elektronikgütern bildet hier die baden-württembergische Elektrotechnikindustrie eine Ausnahme.
Der einzige Lichtblick bleibt Nordamerika. Der schwächelnde Euro gegenüber dem US-Dollar ist für Exporteure ein Vorteil und auch die konjunkturellen Belebungsmaßnahmen in den USA in Billionenhöhe haben positive Effekte auf die Nachfrage nach deutschen Gütern. Die Exporterwartungen nach Asien hängen stark von der aktuellen wirtschaftlichen und politischen Situation in China ab.
Die Konjunkturergebnisse unserer Umfrage finden Sie auch im PDF-Format - klicken Sie einfach rechts auf "Mehr Informationen". Weitere Informationen zu Konjunktur und Beschäftigung, u. a. Highcharts zu Regionen und dem Arbeitsmarkt, finden Sie hier.
Folgen des Ukraine-Krieges trüben Geschäftserwartungen deutlich - Gute Lage, aber Erholung auf der Kippe
konjunkturumfrage Frühsommer, Mai 2022
Noch scheinen die Auswirkungen des Ukraine-Krieges bei vielen Unternehmen nicht voll angekommen zu sein, zahlreiche Betriebe befinden sich auf Erholungskurs. Doch drücken Inflation, rasant steigende Energie- und Rohstoffpreise sowie die Angst vor Energieembargos die Geschäftserwartungen im Vergleich zum Jahresbeginn deutlich ins Minus. „Es scheint wie die Ruhe vor dem Sturm“, fasst BWIHK-Präsident Wolfgang Grenke die Ergebnisse der Konjunkturumfrage zusammen. An der Umfrage haben sich zwischen 31. März und 21. April 2022 rund 3.340 Unternehmen aller Branchen und Größenklassen in Baden-Württemberg beteiligt. Demnach bewerten 45 Prozent der Unternehmen ihre Lage immer noch als gut, nur geringfügig weniger als zu Jahresbeginn. 43 Prozent befinden die Lage als befriedigend und nur zwölf Prozent bewerten sie als schlecht.
Für die aktuell verhältnismäßig gute Lage scheint ein gestiegener Umsatz im Vergleich zum Frühsommer 2021 verantwortlich zu sein, den 46 Prozent der Unternehmen angeben. Gleichbleibende Umsätze vermelden 35 Prozent, bei 19 Prozent ging er zurück. „Doch auch wenn die Ist-Situation für viele Betriebe noch erstaunlich gut ist, ziehen bei den Geschäftserwartungen deutlich dunklere Wolken am Himmel auf“, erklärt Grenke. So hofft zwar jedes fünfte Unternehmen im Laufe des Jahres auf bessere Geschäfte und etwas mehr als die Hälfte geht von einer gleichbleibenden Lage aus. Jedes vierte Unternehmen erwartet allerdings eine deutliche Eintrübung – zu Jahresbeginn 2022 war das nur rund jeder achte Betrieb.
„Die vergangenen zwei Jahre waren wie eine Achterbahnfahrt für die baden-württembergische Wirtschaft“, so Grenke. „Mit positiven Signalen schienen weite Teile der Wirtschaft die Pandemie hinter sich gelassen zu haben. Dann trafen Lieferkettenprobleme, Preissteigerungen und die fünfte Corona-Welle die Betriebe Anfang 2022 erneut mit voller Wucht. Jetzt verunsichern die schwer einzuschätzenden Entwicklungen im Ukraine-Krieg die Wirtschaft.“ Befragt nach den größten Geschäftsrisiken geben rund 70 Prozent der Betriebe die steigenden Energiepreise an, das sind rund 20 Prozent mehr als zu Jahresbeginn. Es folgen die steigenden Rohstoffpreise mit 62 Prozent und der Fachkräftemangel mit rund 58 Prozent, der damit für viele Betriebe eines der drängendsten Probleme bleibt.
Der Blick in die Branchen, auf Export und Transformationsprozesse
Von einem niedrigen Niveau aus kommend hat den größten Sprung nach vorne der Hotel- und Gaststättenbereich gemacht – die Aufhebung der Corona-Maßnahmen lässt die Gastronomen auf ein gutes Sommer- und Urlaubsgeschäft hoffen. Rund 56 Prozent der Betriebe erwarten in den kommenden zwölf Monaten bessere Geschäfte, auch wenn die hohen Energiekosten die Erträge deutlich senken. Neun von zehn Unternehmen sehen die gestiegenen Energiepreise als Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung. Auch der Mangel an Arbeitskräften bleibt in dieser Branche ein drängendes Problem. „Es freut uns sehr, dass die Gastronomen endlich wieder Licht am Ende des Tunnels sehen. Die Landesregierung muss jetzt alles dafür tun, damit die Betriebe die dringend benötigten Fachkräfte bekommen“, fordert Grenke. „Dazu gehört allen voran, die duale Ausbildung weiter zu stärken sowie die Berufsorientierung an den Schulen hochzufahren. Davon profitieren beiden Seiten. Denn nicht nur die Wirtschaft braucht dringend Nachwuchs. Auch für junge Menschen bieten sich mit einer Ausbildung derzeit so gute Chancen wie selten zuvor.“
Positive Signale zur aktuellen Lage sendet auch der Dienstleistungsbereich, dennoch bleiben hier Verunsicherungen über die wirtschaftliche Entwicklung nicht aus. Von der voranschreitenden Digitalisierung profitieren weiterhin ITK-Dienstleister und Unternehmen aus der technischen Beratung. Auch die Finanzdienstleistungsbranche bleibt auf hohem wirtschaftlichem Niveau. Die personenbezogenen Dienstleistungen hoffen durch die weiteren Lockerungen auf die ersehnte Erholung, die Geschäftslage hat sich im Vergleich zum Jahresbeginn leicht verbessert.
Erstmals seit der Pandemie verschlechtert haben sich dagegen die Erwartungen der Bauwirtschaft. Ausgehend von einer Sonderkonjunktur in Pandemiezeiten, vor allem wegen der starken Nachfrage im Wohnungsbau, führen nun steigende Baukosten, Lieferengpässe und fehlende Fachkräfte zu deutlich geringeren Erträgen. Die erschwerten Finanzierungsbedingungen senken zudem den Auftragseingang im Wohnungsbau. Derzeit geben ein Drittel der Unternehmen in diesem Bereich zurückgehende Aufträge an, bei 48 Prozent der Unternehmen stagnieren sie und nur noch 18 Prozent vermelden steigende Auftragseingänge – zu Jahresbeginn waren das noch 38 Prozent.
Auch bei der Industrie im Land sind die Erwartungen deutlich gesunken. „Trotz widriger Umstände hat es unsere Industrie seit dem Frühsommer 2021 aus der Krise auf den Erholungspfad geschafft. Die Unsicherheiten des Krieges, massive Preissteigerungen und die Sorge vor Energieembargos trüben nun auch hier deutlich die Aussichten“, so Grenke. Zu Jahresbeginn gaben nur 9 Prozent der Unternehmen an, dass sie fallende Umsätze erwarten, jetzt ist dieser Wert um 13 Prozentpunkte gestiegen. Nur noch 35 Prozent der Unternehmen gehen von steigenden Umsätzen aus, zu Jahresbeginn war es noch jeder zweite Betrieb.
Die Lage im Handel bleibt gespalten. Der Großhandel konnte trotz steigender Preise weiter zulegen, 59 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, dass ihr Umsatz im Vergleich zum Vorjahresquartal gestiegen ist. Dennoch bleibt auch der Großhandel von Lieferengpässen und der gestiegenen Inflation nicht unberührt. 87 Prozent der Unternehmen sehen die gestiegenen Energie- und Rohstoffkosten als Geschäftsrisiko. Im Einzelhandel hat sich die Situation dagegen weiter verschärft. „Für die Einzelhändler ist es ein Stolpern von Krise zu Krise. Viele sind noch von den Einschränkungen der Corona-Pandemie schwer getroffen, jetzt führen steigende Preise und die Inflation bei den Kunden zu einer deutlichen Kaufzurückhaltung, die die Einzelhändler zu spüren bekommen“, sagt Grenke. Auch hier geben 82 Prozent der befragten Unternehmen steigende Energie- und Rohstoffpreise als Geschäftsrisiko für ihre wirtschaftliche Entwicklung an.
Das Verkehr- und Transportgewerbe trifft der drastische Anstieg der Energiepreise besonders deutlich. 88 Prozent der befragten Unternehmen nennen die steigenden Energiekosten als Risiko für ihre wirtschaftliche Entwicklung. Demnach verschlechtert sich ihre Ertragslage, 30 Prozent melden einen Rückgang. Auch der Auftragseingang geht deutlich zurück. Im Güterverkehr sorgen starke Belastungen in den Lieferketten und hohe Benzinkosten für schlechte Ausblicke. Die Ausnahme bildet der Personenverkehr. Die neue Reiselust vieler Kunden hat die Auftragseingänge auf den höchsten Wert seit Monaten steigen lassen.
Drastische Einbrüche gibt es auch bei den Exporterwartungen der Südwest-Wirtschaft. „Die Lieferkettenproblematik und steigende Energie- und Rohstoffpreise verschärfen die Lage hier dramatisch“, so der BWIHK-Präsident. Nur noch 28 Prozent der Unternehmen gehen von steigenden und 49 Prozent von gleichbleibenden Exporten aus. 23 Prozent erwarten einen Rückgang. Besonders betroffen ist der Handel mit Asien. „Die Zero-Covid-Strategie Chinas und die Tatsache, dass von jetzt auf gleich Häfen geschlossen und Millionenstädte abgeriegelt wurden, hat den Betrieben das Wirtschaften deutlich erschwert. Das zeigt, wie wichtig es ist, zu große Abhängigkeiten zu vermeiden“, betont Grenke. Aber auch die Exporterwartungen nach Nordamerika seien im Vergleich zum Jahresbeginn 2022 gesunken, unter anderem wegen steigenden Containerpreisen. Der Krieg in der Ukraine und die Sanktionen gegenüber Russland treffen die mit diesen beiden Nationen wirtschaftlich besonders verflochtenen osteuropäischen Länder, weshalb deutsche Exporte in diesen Märkten zurückgegangen sind.
Durch vergangene und kommende Krisen beschleunigt wird dagegen der Transformationsprozess der baden-württembergischen Wirtschaft. Lockdowns und Corona-Maßnahmen führen zu hohen Investitionen in Digitalisierung. Mehr als jedes zweite Unternehmen gab bei der Konjunkturumfrage im Frühsommer 2022 an, dass Digitalisierung ein Hauptmotiv für ihre Investitionen sei. Die Sorge über weiter steigende Energiepreise führten bereits vor dem Krieg zu höherer Investitionsbereitschaft beim Thema Umweltschutz und Energieeffizienz. Rund 79 Prozent der Unternehmen sehen steigende Energie- und Rohstoffpreise als Geschäftsrisiko für ihre wirtschaftliche Entwicklung. Vor der Corona-Pandemie gab im Herbst 2019 lediglich etwas über ein Fünftel (22 Prozent) der Unternehmen an, künftig in Energieeffizienz investieren zu wollen. Aktuell sind es mit deutlich über einem Drittel der Betriebe (38 Prozent) schon wesentlich mehr.
UNSER FAZIT
Die letzten zwei Jahre waren eine Achterbahnfahrt für die baden-württembergische Wirtschaft. Mit positiven Signalen erfreute sich die Wirtschaft in den weitesten Teilen zunächst die Pandemie überstanden zu haben. Die Folgen der Lieferkettenproblematik und Preissteigerungen hielten bis zum Jahresbeginn 2022 an und die fünfte Corona-Welle traf Teile der Wirtschaft hart. Im Frühsommer 2022 stagniert die wirtschaftliche Lage und die schwer einzuschätzende Entwicklung des Krieges in der Ukraine führt zu Verunsicherungen in allen Baden-Württembergischen Wirtschaftssektoren. So müssen wir abschließend festhalten, dass der Erholungsprozess in der Wirtschaft Baden-Württembergs auf unbestimmte Zeit verschoben ist.
Die vollständigen Konjunkturergebnisse unserer Umfrage lesen Sie im PDF - klicken Sie einfach rechts auf "Mehr Informationen". Weitere Informationen zu Konjunktur und Beschäftigung, u. a. Highcharts zu Regionen und dem Arbeitsmarkt, finden Sie hier.
Omikron versetzt wirtschaftlicher Erholung einen Dämpfer - BWIHK-Umfrage zum Jahresbeginn: Viele Betriebe mit Zukunftssorgen
konjunkturumfrage Jahresbeginn/FRühjahr, februar 2022
Die Omikron-Variante hat der Hoffnung vieler Unternehmen, die Pandemie weitgehend überstanden zu haben, einen Dämpfer verpasst. Die nach wie vor unsicheren Faktoren von Corona, neue Kontaktbeschränkungen und die weiter anhaltenden weltweiten Probleme in den Lieferketten, drücken die Geschäftserwartungen im Vergleich zum Herbst ins Minus.
„Fast die Hälfte der Südwestunternehmen schätzt ihre Lage zwar immer noch als gut ein, dennoch nimmt auch die Zahl der Pessimisten weiter zu“, sagt Marjoke Breuning, BWIHK-Vizepräsidentin und Präsidentin der IHK Region Stuttgart, der beim BWIHK für konjunkturelle Fragen zuständigen Kammer. An der Umfrage haben rund 3.700 Unternehmen aller Branchen und Größenklassen aus ganz Baden-Württemberg teilgenommen.
Demnach bewerten 13 Prozent der Betriebe ihre Lage als schlecht, etwas mehr als zum gleichen Zeitpunkt 2020 und damit vor der Pandemie. Gut beurteilen ihre Lage aktuell 47 Prozent der Befragten, als befriedigend stufen sie rund 40 Prozent ein. „Auch wenn sich manche Branchen schon wieder aus dem konjunkturellen Tal herausgearbeitet haben, dürfen wir nicht übersehen, dass in anderen Bereichen der Weg aus der Pandemie deutlich länger und steiniger ist als gedacht“, so Breuning. Auch die Erwartungen der Betriebe sind etwas unter dem Niveau der letzten Umfrage. Ein Drittel der Befragten geht im laufenden Jahr von besseren Geschäften aus – nicht viel weniger als zuvor. Rund jeder achte Betrieb rechnet wie letzten Herbst mit schlechteren Geschäften.
Lieferengpässe, weiterhin anhaltende Preissteigerungen bei Rohstoffen, Energie- und Vorprodukten, aber auch die weiter schwächelnde Konsumnachfrage würden die Erholung in vielen Bereichen deutlich bremsen, so Breuning. „Dazu kommt, dass viele Betriebe nach zwei Jahren Pandemie ihre Eigenkapitaldecken aufgebraucht haben. Bleiben dann langfristig die Einnahmen weg, stehen diese Betriebe mit dem Rücken zur Wand.“
Der Blick in die Branchen, auf den Export und Arbeitsmarkt
Am optimistischsten in die Zukunft blickt wie seit Beginn der Coronakrise die Bauwirtschaft. Nachdem die anhaltenden Preissteigerungen und Lieferverzögerungen zur Mitte des letzten Jahres auch in der Baubranche deutliche Spuren hinterlassen haben, hat sich die Situation zum Jahresbeginn wieder entspannt. 60 Prozent der Unternehmen melden eine gute Geschäftslage und rund 70 Prozent gehen davon aus, dass das in den kommenden zwölf Monaten auch so bleibt – beziehungsweise 86 Prozent gehen davon aus, dass es so bleibt oder sogar noch besser wird.
Auch die Industrie im Land steht trotz Lieferengpässen und Corona gut da. Rund 50 Prozent der befragten Unternehmen bewertet ihre Lage gut, mehr als 40 Prozent als befriedigend – etwas mehr als noch im Herbst. „Unsere Industrie hat sich als erstaunlich robust erwiesen“, freut sich Breuning. Die Exporterwartungen steigen leicht und liegen erstmals wieder auf dem Niveau vom Sommer 2018. Dies ist vor allem auf die positiven Geschäftserwartungen in Nordamerika und Asien zurückzuführen, während die Geschäfte mit Großbritannien weiter schwächeln.
Ein geteiltes Bild gibt der Handel ab. Während sich der Großhandel im Vergleich zum Herbst in annähernd stabiler Lage befindet, ist die Situation für viele Betriebe im Einzelhandel angespannt, vor allem bei Sortimenten außerhalb der Grundversorgung. „Die vielen Einschränkungen und ständig wechselnden Corona-Maßnahmen für Kunden und Beschäftigte machen den Einzelhändlern das Leben schwer. Nach dem Wegfall der 3G-Regel in der aktuellen Alarmstufe hoffen die meisten Händler nun darauf, dass wieder Normalität einkehrt. Die Kammern haben sich beim Land dafür massiv eingesetzt“, sagt Breuning. „Jedoch braucht es dringend langfristige Strategien, die in den Innenstädten eine gute Perspektive für die Mischung aus Wohnen, Handel, Kultur, Gastronomie, Gewerbe und Produktion schaffen. Die Pilotprojekte „Innenstadtberater“ und die „Intensivberatung Zukunft Handel 2030“ sind dafür ein Anfang, in die sich die IHK-Organisation massiv einbringt.“
Bei den Dienstleistern wird die Lage weiterhin vom stark gebremsten Konsum beeinflusst, die personenbezogenen Dienstleistungen leiden zu einem großen Teil unter den Einschränkungen ihrer Geschäfte. Besonders schlecht schneidet das Hotel- und Gaststättengewerbe ab. Bei rund 70 Prozent der Betriebe sieht die Lage aktuell düster aus, deutlich mehr als im Herbst. Auch die Zahl derer, die keine schnellen Verbesserungen erwarten, hat sich deutlich erhöht. „Das ist erschreckend und wir müssen davon ausgehen, dass auch weitere Betriebe in diesem Jahr aufgeben werden“, sagt Breuning. Auch die sonstigen personenbezogenen Dienstleistungen würden zu einem großen Teil weiter unter den Einschränkungen ihrer Geschäfte leiden.
Positiv sieht es bei den Exporterwartungen der deutschen Wirtschaft aus. „Die sind deutlich aufwärts gerichtet mit zuletzt sogar leicht zunehmender Tendenz“, so Breuning. Hier zeige sich die Erholung der Eurozone ebenso deutlich in den Auftragsbüchern wie die gute wirtschaftliche Entwicklung in den USA, wo staatliche Konjunkturprogramme zu starken Nachfrageimpulsen führten. Auch in Asien seien deutliche Exportzuwächse zu erwarten – obwohl die restriktive Pandemiebekämpfung und die damit verbundenen Einschränkungen die wirtschaftlichen Aktivitäten deutlich erschwerten.
UNSER FAZIT
Insgesamt bleibt die Lage angespannt. Auch die Risiken für die weitere wirtschaftliche Erholung und die Entwicklung in toto bleiben hoch. Dies verdeutlichen die Erwartungswerte sowie Beschäftigungspläne für 2022. Auch auf dem Arbeitsmarkt kommen die Unternehmen zunehmend unter Druck. Breuning: „Der Fachkräftemangel ist zum Ende der Pandemie mit voller Wucht zurückgekehrt und betrifft nahezu alle Branchen. Auch die weiter steigenden Arbeitskosten sind für viele Unternehmen eine erhebliche Last und ein Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung.“
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Konjunkturberichte / Regional
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